Die Arbeit mok wurde für eine Gruppenausstellung zum Thema "Dingwelt" in der Galerie der AdBK Nürnberg am Nürnberger Hauptmarkt entwickelt. Die Ausstellung ist noch bis Ende Januar 2025 zu sehen.
Nürnberg
Ab dem 14. Jahrhundert war Nürnberg, günstig gelegen am Kreuzungspunkt wichtiger Handelsrouten, eine der wichtigsten europäischen Wirtschaftsmetropolen. Direkt vor der Tür der Akademie Galerie war das Finanzzentrum der unter anderem für ihre Spielzeugproduktion berühmten Reichsstadt. Seit 1540 befand sich genau hier die erste deutsche Börse. Gehandelt wurden Waren und Wertpapiere.
Seit dem 11. Jahrhundert existierten in Europa schriftliche Zahlungsanweisungen, die mündlich erteilt und in einem Bankbuch festgehalten wurden. Bei Erhalt einer Ware übergab der Empfänger dem Lieferanten einen Wechselbrief. Er funktionierte wie später der Scheck und garantierte das Recht, die vereinbarte Kaufsumme zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort entweder vom Wechselaussteller selbst oder von einer dritten Person zu bekommen. Vor allem aber war der Wechsel, bzw. das Zahlungsversprechen, selbst wieder handelbar.
Im Nordwesten des Nürnberger Hauptmarkts (genannt „Herrenmarkt“) befanden sich seit dem 15. Jahrhundert mehrere Institutionen, die zur Entstehung der Nürnberger Börse beigetragen haben: die öffentliche Waage, an der Kaufleute Geschäfte abschlossen, der Stand der Münzwechsler (die bald auch mit Wechseln handeln sollten) am Schönen Brunnen und die Alte Schau (heute das „Bratwursthäusle“), wo Kaufleute Münzen prüfen lassen konnten. 1621 entstand mit dem Banco Publico im Rathaus zudem noch eine städtische Girobank, die bargeldlosen Zahlungsverkehr mit Handelspartnern ermöglichte. Ein eigenes Börsengebäude gab es in Nürnberg nie ‒ gehandelt wurde unter freiem Himmel.
Dem Wechsel als Frühform des bargeldlosen Zahlungsverkehrs folgte die Entwicklung kapitalbasierter Organisationen wie Banken und Aktien‒ oder Kommanditgesellschaften, eine Voraussetzung des Handelskapitalismus, den zunächst die italienischen Seerepubliken wie Genua oder Venedig, später auch die Hanse, Spanien, England, Frankreich, Portugal und andere Großmächte der Zeit bald globalisierten und so nicht nur die Basis des modernen Wirtschafts‒ und Finanzsystems schufen, sondern auch die Bedingungen des auf die Zwänge und Bedürfnisse von Warenproduzenten und Händlern zugeschnittenen bürgerlichen Staats westlicher Prägung festlegten.
Jiaxing
Zum Gründungskongress der Kommunistischen Partei Chinas versammelten sich im Juli 1921 Abgesandte der seit kurzem klandestin existierenden kommunistischen Zellen in Shanghai. Nach viertägiger Beratung musste der Kongress aus Furcht vor Polizeispitzeln unterbrochen werden, wurde jedoch einige Tage später auf einem Ausflugsboot auf dem Nanhu‒See im 100 Kilometer von Shanghai entfernten Jiaxing zu Ende gebracht. Das seitdem sogenannte „Rote Boot“, auf dem die Gründung vollzogen wurde, gilt als Geburtsort der chinesischen Revolution und ist ein wichtiger Bestandteil des chinesischen Revolutionsmythos.
Ziel der KPCh war die kommunistische, klassenlose Gesellschaft. Um diese zu erreichen sollten Kapitalisten enteignet, das Land in gesellschaftlichen Besitz überführt und die Diktatur des Proletariats errichtet werden. 1949 übernahm die KPCh die Macht und rief die Volksrepublik China aus.
Die Transformation zu einer „Sozialistischen Marktwirtschaft“ begann im Jahr 1978, als Deng Xiaoping sein Programm des „Sozialismus mit chinesischen Merkmalen“ einführte. Er entwickelte die Idee der Marktwirtschaft als Entwicklungschance für das sozialistische China. Marktwirtschaft sei nicht nur in der kapitalistischen Gesellschaft möglich.
Seine Reform‒ und Öffnungspolitik startete 1979 mit der Dekollektivierung der Landwirtschaft und der Duldung von Privatwirtschaft und ausländischen Direktinvestitionen und führte später zu weitreichenden Reformen, die von der Privatisierung des Staatssektors über die Liberalisierung des Handels und der Konsumgüterpreise bis hin zur Abschaffung sozialstaatlicher Leistungen in den
Mit der von Jiang Zemin 2002 in das Parteistatut aufgenommenen Theorie der „Drei Repräsentanzen“ schließlich hat sich die KPCh sogar für Privatunternehmer geöffnet und trägt damit nun auch den Erfordernissen des erstarkten chinesischen Mittelstandes Rechnung. Die KPCh betrachtet sich seitdem als eine auch Kapitalisten einbeziehende Volkspartei und definiert sich nicht mehr als Partei der Arbeiter und Bauern.
Seit dem Beginn der Reformen wuchs Chinas Bruttoinlandsprodukt von etwa 150 Mrd. US‒$ auf mehr als 1,6 Billionen US‒$ mit einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich 9,4 %. 2004 waren die Hälfte der staatseigenen Unternehmen bereits in Aktiengesellschaften umgewandelt. Für die USA und die Europäische Union gilt China seit dieser wirtschaftlichen Öffnung als einer der wichtigsten Absatzmärkte.
Innerparteilich ist die ideologische Entwicklung der KPCh umstritten. Befürworter der von der Partei „Sozialistische Marktwirtschaft mit chinesischen Merkmalen“ genannten Wirtschaftsordnung argumentieren, dass die „Sozialistische Marktwirtschaft“ ideengeschichtlich eine Entwicklung des Historischen Materialismus unter Berücksichtigung der Besonderheiten Chinas und der chinesischen Gegenwart sei. Ihre Auffassung definiert die Sozialistische Marktwirtschaft als Anfangsstadium des Sozialismus.
Kritiker beschreiben das ökonomische System dagegen als freien marktwirtschaftlichen Kapitalismus, der die Wiederherstellung kapitalistischer Besitz‒ und Produktionsverhältnisse und damit eine immer größer werdende kapitalistische Klasse fördere.
Yiwu
1982 eröffnete in der ostchinesischen Stadt Yiwu ein Markt, der zunächst nur aus ein paar Hütten und Ständen bestand. Schon ein Jahr später gab es über 1000 Händler. Seit 2005 ist die Yiwu International Trade City der weltweite Haupthandelsplatz für alle small commodities, also Schmuck, Haushaltswaren, Spielwaren, Kleinelektronik, Dekoartikel, Heimtextilien und ähnliche Waren. 2022 wurden in der Yiwu International Trade City 70 Milliarden US‒$ Umsatz gemacht, fast 200 Millionen US‒$ am Tag. Täglich werden hier 1500 Container Waren in alle Welt verkauft.
Heute finden sich hier auf vier Millionen Quadratmetern 75000 vor chinesischen Produkten überlaufende kleine Läden, in denen zu Centbeträgen die Billigware zu finden ist, mit denen die Einkäufer der großen internationalen Handelsketten ihre Regale füllen, von Tedi über Amazon bis Wal‒Mart.
China ist mit 31,6 % der globalen Produktionsleistung der mit Abstand größte Warenproduzent der Welt. Auch die Produktion von Spielwaren findet heute zum größten Teil in China statt. Viele der in China produzierten Waren sind dabei aus Plastik und auch hier ist China die weltweite Nummer eins: 2023 wurden weltweit 414 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, davon 132 Millionen Tonnen in China.
Chinas Status als „the world́s factory“ beruht vorrangig auf der hohen Verfügbarkeit von Arbeitskräften und daraus resultierenden günstigen Lohnkosten in Verbindung mit niedrigen Anforderungen an Arbeits‒, Gesundheits‒ und Umweltschutz.
Durch die globalen Verflechtungen und die Abhängigkeiten vom chinesischen Markt wirkt sich Chinas Wirtschaftsolitik heute direkt auf weltweite Marktbewegungen und Wirtschaftsaussichten aus. Auch für Deutschland ist China seit 2016 der wichtigste Handelspartner. Pekings Politik wird so zu einem Faktor auch regionaler politischer Prozesse.
Billund
Die dänische Lego A/S mit Sitz in Billund in Dänemark ist der mit Abstand umsatzstärkste Spielwarenhersteller der Welt (2023). Jeden Tag produziert die zu 75 % im Privatbesitz der Eigentümerfamile befindliche Aktiengesellschaft rund 200 Millionen Plastikbausteine, 2.300 pro Sekunde. Lego produziert in Dänemark, Ungarn, Tschechien, Mexiko und seit 2016 in Jiaxing.
Für die Gesellschaft wird der chinesische Markt mit seinen günstigen Produktionsbedingungen und dem riesigem Absatzpotential immer wichtiger, um ihre Wachstumsziele zu erreichen. Lego investiert hier daher seit Jahren massiv. 2023 gab es in chinesischen Städten bereits 380 Lego‒Stores, viele weitere sind geplant. 2022 bereits begann Lego mit der Erweiterung des Werks in Jiaxing.
Um in China operieren zu dürfen müssen ausländische Unternehmen eng mit der KPCh und ihren Parteistrukturen zusammenarbeiten und strikte Regeln befolgen. Es gilt, die KPCh – die ausländische Investitionen sowohl fördert als auch stark überwacht – nicht durch politisch sensible Inhalte zu verärgern.
Um nicht als kritisch gegenüber der Partei oder dem Land wahrgenommen und in der Folge vom chinesischen Markt ausgeschlossen zu werden hat Lego daher Themen und Designs kulturell angepasst. Nichts, was in irgendeiner Form als politisch heikel empfunden werden könnte, findet Eingang ins Produktportfolio. Lego produziert in und für China Sets, die klassische chinesische Kultur repräsentieren oder traditionelle chinesische Architektur feiern.
Der Titel der Arbeit ist in internationaler Lautschrift geschrieben und verbindet drei zentrale Begriffe aus der Recherche zu dieser Arbeit. MOC, my own creation, ist ein Begriff aus der Legowelt und steht für mit dem Lego‒System selbstentworfene Modelle. MOQ, minimum order quantity, ist ein Begriff aus dem internationalen Großhandel. Ein „mock‒up“ zuletzt bezeichnet im Produktdesign ein Vorführmodell.